Am 13. Februar 1970 präsentierte MAN gemeinsam mit RWE, Bosch und Varta nach zweijähriger Entwicklungszeit einen rein elektrisch angetriebenen Stadtlinien-Omnibus. Die Präsentation des Modells 750 HO-M10 E fand auf der Teststrecke 1 im Werk in München statt.
Der Bus sollte „einen positiven Beitrag der Industrie zur Bekämpfung von Luftverschmutzung und Lärm im innerstädtischen Straßenverkehr leisten“, hieß es in einer MAN-Pressemitteilung. Solch einen Satz können wir auch heute noch in fast jeder Meldung zum Einsatz von Elektrobussen lesen. „Um eigene Erfahrungen zu sammeln und einen Beitrag für Mensch und Umwelt zu leisten, hat sich MAN Anfang der 70er Jahre entschieden, diese Herausforderung anzugehen“, so Henning Stibbe, Leiter historisches Archiv bei MAN Truck & Bus.
Im Januar 1971 – also elf Monate nach der Präsentation – übergab MAN den Prototypen nach entsprechender Werkserprobung an die Koblenzer Verkehrsgesellschaft. Hier sollte der Elektrobus eine einjährige Testreihe im Linienverkehr absolvieren. Insgesamt konnten in dem Modell 99 Fahrgäste transportiert werden. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 60 Kilometern pro Stunde konnte der 750 HO-M10 E „im Vergleich zu seinen benzinbetriebenen Konkurrenten locker mithalten“.
Die Reichweite lag bei rund 50 Kilometern. Untergebracht waren die Batterien mit einer Gesamtkapazität von 108 kWh in einem Anhänger und gewährleisteten einen Fahrbetrieb von zwei bis drei Stunden. Ein weiterer Einachs-Anhänger mit Batterien stand in einer Wechselstation bereit. Ein Wechsel an den RWE-Servicestationen dauerte rund sieben Minuten. „Dass zwei Anhängermodule mit Batterien zur Verfügung standen, hatte neben der ständigen Verfügbarkeit des Elektrobusses den Vorteil, dass die Batterien mit kostengünstigem Nachtstrom aufgeladen werden konnten“, so Stibbe. Bis Juni 1971 legte der MAN-Elektrobus rund 6.000 Kilometer ohne wesentliche Störung im Liniendienst in Koblenz zurück.
Doch auch in weiteren Ecken Deutschlands kamen elektrische Busse von MAN zum Einsatz: So wurden 1972 während der Olympiade in München die Athletinnen und Athleten beispielsweise in zwei Elektro- und acht Erdgasbussen zwischen Olympiapark und Olympischen Dorf hin- und herchauffiert. Bis zu 20 Stunden waren die Fahrzeuge jeden Tag im Einsatz.
Am 15. Oktober 1974 wurde dann ein Batterie-elektrischer Bus von MAN an die Stadt Mönchengladbach übergeben. Es handelte sich hierbei bereits um die zweite Generation der Elektrobusse vom Typ SL-E, die bis 1979 dort im Einsatz waren. Neu waren u.a. die um rund 50 Prozent erweiterten Batterieeinheiten (jetzt 163 kWh) und das überarbeitete Anhängermodul. Auf diese Weise konnten Reichweiten bis zu 80 Kilometer erzielt werden und der Batteriewechsel vollautomatisch erfolgen. Auch Düsseldorf und Frankfurt am Main bauten auf die Vorteile der Elektrobusse von MAN und setzten diese im ÖPNV ein.
Rund 50 Jahre später bringt MAN nun endlich einen serienreifen Elektrobus auf den Markt. Der MAN Lion’s City E wurde bereits 2018 auf der IAA vorgestellt. Der vollelektrische Antriebsstrang leistet beim Solobus 160 bis maximal 270 kW. Die nötige Energie erhalten die E-Maschinen aus den modularen Lithium-Ionen-Batterien mit NCM-Chemie. Beim Solobus beträgt die Kapazität 480 kWh. Die Reichweite soll unter realistischen Bedingungen 200 Kilometer betragen. Mittlerweile erfolgte auch der Verkaufsstart des E-Gelenkbusses MAN Lion’s City 18 E. Bis zu 120 Fahrgäste kann das Modell aufnehmen. Für den Antrieb sorgen zwei elektrische Zentralmotoren an der zweiten und dritten Achse, die 320 kW bis maximal 480 kW leisten. Die Energie dafür stammt aus acht Batterien mit insgesamt 640 kWh. Die Reichweite des Lion’s City 18 E beziffert der Hersteller auf 200 Kilometer beziehungsweise auf bis zu 270 Kilometer unter günstigen Bedingungen über die gesamte Lebensdauer der Batterien.
Dieser Artikel ist Teil einer Artikelserie auf Saving-Volt, die sich mit der Geschichte der Elektromobilität befasst. Ziel ist es, Modelle jeglicher Fahrzeugkategorien aus der Vergangenheit vorzustellen. Denn schon die ersten Fahrzeuge fuhren rein elektrisch. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es beispielsweise in den USA fast doppelt so viele Elektrofahrzeuge wie Benziner. Erst mit dem elektrischen Anlasser für den Ottomotor in 1911 änderte sich dies schlagartig. Die genaue Geschichte hatte ich bereits vor einigen Jahren in diesem Artikel zusammengetragen. Und jetzt wird daraus eine ganze Artikelserie.
Alle Beiträge zur Geschichte der Elektromobilität
Fotos: MAN
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