Das letzte Interview mit einem Autoblogger liegt bereits einige Zeit zurück. Im April stand uns Jens Stratmann von rad-ab.com zum Thema Elektroautos Rede und Antwort und ging dabei auf seine ganz eigenen Erfahrungen ein.
Besonders der Opel Ampera vereint für ihn hohe Alltagstauglichkeit und den ökologischen Gedanken. Seit diesem Zeitpunkt sind weitere Modelle verschiedener Hersteller auf den Markt gelandet und auch kommendes Jahr dürften einige neue Elektrofahrzeuge zum Kauf bereit stehen.
Im heutigen Interview geht es jedoch um Sebastian Bauer und seine Erfahrungen mit Elektrofahrzeugen. Auf passiondriving.de bloggt er über Autos, deren Fahrdynamik und Motorentechnik. Auch Elektroautos wie der Tesla Roadster oder der Smart Fortwo electric drive wurden von ihm unter die Lupe genommen. Anlass genug um ihn zum Thema Elektrofahrzeuge und den heutigen Stand zu befragen.
Das Interview:
Daniel: Hi Sebastian, wir beide sind uns zum ersten Mal in München am Flughafen zu einer Fahrveranstaltung von Audi begegnet. Bisher war es leider auch unsere letzte Begegnung. Ich freue mich deshalb besonders, dass du uns für ein paar Fragen zur Elektromobilität zur Verfügung stehst. Stell dich doch selbst einmal kurz vor und was du aktuell genau machst.
Sebastian: Hi Daniel und liebe saving-volt.de Leser, meinen Namen hast du ja bereits genannt. Ich bin 25 Jahre alt und wohne derzeit in München. Beruflich bin ich in der IT als Projektleiter und Agiler Coach unterwegs und weil ein Informatiker eben immer wissen will, wie die Software um ihn herum funktioniert, habe ich vor einigen Jahren auch angefangen mit dem Laptop an den Steuergeräten im Auto herumzuspielen, Kennfelder zu ändern oder das Steuergerät einfach mal kaputtzuflashen. Die automobile Leidenschaft sitzt also tief bei mir und das tobe ich auch gerne mal auf der Rennstrecke aus. Seit Ende 2011 / Anfang 2012 schreibe ich auf passion:driving über genau diese ganzen Themen und versuche mit meinen Lesern diese Leidenschaft, vor allem auch für die sportlichere Fortbewegung zu teilen – gerade deshalb schaue ich natürlich auch gespannt auf die Entwicklungen bei Elektrofahrzeugen.
Daniel: Im Gegensatz zum Jens kommst du nicht aus der Automobilbranche. Deshalb würde uns interessieren, wann du deine erste Berührung mit einem Elektroauto hattest bzw. wann hast du diese das erste Mal wahrgenommen? Der CityEL ist für mich zum Beispiel das erste Elektrofahrzeug das ich kenne, leider aber nur auf drei Rädern unterwegs.
Sebastian: Puh.. das ist eine schwierige Frage. Meinen ersten Kontakt hatte ich mit einem kleinen zweisitzigen Elektroauto, das auch fast aussah, wie diese Liegefahrräder mit geschlossener Kanzel. Was das für ein Ding war? Keine Ahnung mehr, ich war damals in der 6. Klasse und das Auto wurde an unserer Schule am Tag der offenen Türe ausgestellt und es wurden auch Fahrten damit angeboten.
Daniel: In deinem Beitrag zur A-Klasse E-Cell und dem Smart electric drive sprichst du im ersten Absatz die fehlende Akzeptanz an. Mir selber fallen hier auf Anhieb die Reichweite und der Anschaffungspreis ein. Wo würdest du aus deiner Sicht die größten Problematiken sehen?
Sebastian: Ich glaube, die Reichweite wäre für die wenigsten Menschen ein Problem, wenn sie ohne weiteres binnen kürzester Zeit diese Reichweite wieder auf 100% bekommen. Ich sehe da also insbesondere die Ladezyklen als große Herausforderung. Darüberhinaus glaube ich – da lehne ich mich jetzt mal etwas weit aus dem Fenster – dass der Mensch natürlich ein Gewohnheitstier ist und insbesondere der Deutsche sehr an seinem „heilig Blechle“ hängt und gerade in diesem Punkt seltsam konservativ gestimmt ist. Man kennt ja die Diskussionen um Fahrassistenzsysteme („Nein, ich will selbst fahren!“) oder die Tatsache, dass die meisten über Spritpreise klagen, aber freiwillig 3-4 Cent pro Liter mehr zahlen, um kein „böses E10“ in den Tank zu kippen. Und dann „sollen wir jetzt alle elektrisch fahren, wo doch die Energiewende…“ und „Atom-Strom aus Frankreich kaufen“ und „instabile Netze“ und und und. Ich denke, du siehst, worauf ich hinaus möchte: die Medien haben hier einen großen Einfluss auf die Denke der Menschen, unabhängig davon, was wirklich dahinter steckt.
Davon mal abgesehen: was ich wirklich noch als große Hürde sehe, ist das Thema Ladestationen. In München bieten etwa die Stadtwerke München Ladestationen an, will man allerdings jede von denen nutzen können, muss man ein gefühltes Arsenal von dutzenden Adaptern mit herumfahren. Ganz zu schweigen von den Stellplätzen in Tiefgaragen in den Wohngegenden – hier einen Stromanschluss zu bekommen ist sehr schwierig und mit dem Auto kommt man auch nicht unbedingt direkt vor’s Haus, um einfach ein Kabel herauszulegen.
Daniel: Zum Schluss führst du noch eine Beispielrechnung auf die sehr interessant ist. Allerdings führt es bei diesem Beispiel kaum zu einem Ersparnis bei den Anschaffungspreisen und Leasing für Batterien. Hersteller haben hier ihre ganz eigenen Beispielrechnungen. Wie würdest du dies mittlerweile sehen?
Sebastian: Die Hersteller rechnen natürlich gerne noch alles etwas schön, das konnte ich kürzlich auch bei einem Gespräch mit einem Menschen aus der Industrie feststellen, als er mir vom Verbrauch von rund 12 kWh / 100 km erzählte und damit Kostenrechnungen vorführte. Erst, als ich dann auf den Ladungsverlust zu sprechen kam, gab er zähneknirschend zu, dass es dann doch nicht so einfach zu rechnen ist. Nichts desto trotz – gerade im Kurzstreckenverkehr, in der Stadt usw. können Elektroautos kostentechnisch stärker punkten, weil sie gerade da einen Effizienzvorteil ausspielen können.
Daniel: Ich komme nun auf deine Erfahrungen mit dem Tesla Roadster zu sprechen, den du bereits selbst fahren konntest. Macht schon einen sehr imposanten Eindruck und du scheinst deinen Spaß gehabt zu haben. Wie sehr hat dich dieses Fahrzeug gefesselt und hat dir nicht der sportliche Sound gefehlt?
Sebastian: Absolut, meinen Spaß hatte ich! :) Das Fahrzeug hat mich wirklich nachhaltig beeindruckt. Klar, das kräftige Brabbeln eines V8 Motors könnte man vermissen. Ist man mit dem Tesla Roadster unterwegs, fehlt einem das alles aber überhaupt nicht. Im Gegenteil: ich konnte es auch genießen in dieser Stille dahinzugleiten. Und das elektrische Surren, wenn man aus dem Stand beschleunigte, klingt auch echt cool. Viel besser noch: während man mit lauten Motoren in der Stadt gleich böse angeschaut wird, weil man zügiger von der Ampel weg beschleunigt, grinsen einem im Tesla alle Menschen zu, selbst wenn man doppelt so schnell beschleunigt – die Außenwirkung von so einem Elektro-Sportler ist schon außergewöhnlich!
Daniel: Wenn du dich jetzt für ein Elektrofahrzeug als Zweitwagen entscheiden würdest, welches Fahrzeug wäre es und wieso?
Sebastian: Wenn ich so überlege, ist eines der praktischsten derzeit wäre wohl der Nissan Leaf. Allerdings könnte ich mich einfach nicht mit dem komisch cremefarbenen Innenraum anfreunden ;) Ansonsten würde der aber in Puncto Alltagstauglichkeit und Nutzfaktor ganz oben stehen. Aber da ich eh nicht viel Platz brauche, würde ich glaube ich einen smart fortwo electricdrive fahren – sogar als Erstauto. Ein wichtiger Punkt, warum ich diese Autos nehmen würde: sie sind „richtige“ Elektroautos und nicht einfach umgebaute Serienfahrzeuge. Letztere konnten mich beim Fahren bisher noch nicht wirklich überzeugen, weil etwa das Auto mit dem ganzen Drehmoment überfordert war oder das Fahrwerk unter dem starken Zusatzgewicht und einer unsauberen Abstimmung litt. Ein heißer Kandidat wäre aber vor allem der Renault Zoe – wenn er denn mal kommt.
Daniel: Zum Schluss noch eine Frage: Wird es in der Zukunft weitere Berichte zur Elektromobilität geben und welchen Standpunkt erreicht deiner Meinung nach die Elektromobilität?
Sebastian: Ich hoffe doch, dass es noch weitere Beiträge zur Elektromobilität bei mir geben wird! Obwohl ich durch und durch ein „Petrolhead“ bin, freue ich mich auf die Entwicklungen. Wenn ich es dann noch irgendwie schaffe, Elektroautos bei mir am Haus zu laden, werde ich vielleicht auch mal länger als nur 1 oder 2 Tage einen „Stromer“ im Test haben :)
Zum Zukunftsausblick: ich denke, die Elektromobilität wird noch ihre Zeit brauchen, um auf den Stand zu reifen, den sie braucht, damit sie von der breiten Masse akzeptiert wird. Ein wichtiger Faktor sind sicher noch die Akkus, deren Kapazität, Ladedauer, Lebensdauer und die damit verbundenen Kosten. Wenn an dem Punkt noch mehr passiert – und ich bin mir sicher, das wird es – dann werden E-Autos sicher bald ein häufigerer Anblick auf unseren Straßen werden. Und zur noch notwendigen Aufklärung und Information tragen ja auch wir Blogger bei :)
Daniel: Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen und wünschen dir weiterhin viel Erfolg.
Interview mit Jens Stratmann zum Thema Elektroautos
Foto Smart: By IFCAR (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons
Foto Tesla: By fogcat5 (https://flickr.com/photos/fogcat5/255001205/) [CC-BY-SA-2.0], via Wikimedia Commons
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